Evangelische Jugend gedenkt der Todesmärsche
Durch gemeinsames Gedenken nicht vergessen, weil das, was war, nie wieder sein darf. Unter diesem Motto versammelten sich am vergangenen Mittwoch in Wetterfeld Menschen von jung bis alt. Jedes Jahr setzt hier die Evangelische Jugend aus dem Bayerwalddekanat ein Zeichen gegen das Vergessen und leistet so einen wichtigen Beitrag dazu, die Gräueltaten der Nationalsozialisten nicht zu vergessen. Bereits seit 1997 gedenken sie am 23. April in Wetterfeld an die Opfer der Todesmärsche.
Für Dekanatsjugendpfarrer Heiko Herrmann sei es „fast schon ein Ritual“, wie er das jährliche Zusammenkommen am Mahnmal in Wetterfeld bezeichnete. Nach dem gemeinsamen Sprechen des Glaubensbekenntnisses von Dietrich Bonhoeffer gingen die etwa 40 Versammelten in Schweigen zum Mahnmal. Schon der gemeinsame Weg vom Parkplatz zur Gedenkstätte der Todesmärsche in Wetterfeld wurde bewusst zum Nachdenken über Krieg und Frieden, über Grausamkeiten und Gerechtigkeit genutzt.
Schließlich jährten sich die Todesmärsche heuer zum 80. Mal – „also etwa ein Menschenleben“, wie Dekanin Ulrike Dittmar in ihrer kurzen Ansprache zum Gedenken anmerkte. Die Todesmärsche aus dem Konzentrationslager Flossenbürg seien mittlerweile eine lange Zeit her, weswegen das stete Erinnern gerade auch für kommende Generationen umso wichtiger erscheint.
Wie tief rechtes Gedankengut heute in der Gesellschaft verwurzelt ist, darüber ist Dittmar entsetzt: „Da packt mich dann die Verzweiflung“. Besonders in Zeiten, in denen der US-amerikanische Präsident Donald Trump sich über das Gesetz stelle, seien beängstigend, sagt Dittmar. Und auch wenn Recht nicht immer zum eigenen Gerechtigkeitssinn passe, so unterstünden doch alle der gleichen Ordnung. Es sei verführerisch, es selbst zu bestimmen. Letzten Endes dürfe sich jedoch niemand darüber stellen.
Anschließend sprach die Dekanin über die Zehn Gebote aus der Bibel als Gesetze der Gemeinschaft, die nie eigenes, persönliches Recht sein können. Mit dem Vertrauen auf Gottes Gerechtigkeit und der Verantwortung, für diese einzustehen, könne man als Gemeinschaft viel bewirken. Jeder selbst müsse sich fragen: „Wie viel Mut werde ich aufbringen?“, um für die Würde aller Menschen einzutreten, sagt Dittmar. Erinnern heißt auch handeln – sei es durch die Teilnahme an Gedenkveranstaltungen oder Farbe zu bekennen gegen Rassismus, Fremdenhass und rechtes Gedankengut.
Im Anschluss sprach Ruth Endes, Religionspädagogin aus Roding, ein Gebet für die Opfer und appellierte an alle für „Kraft zum Frieden“. Zum Abschluss sangen alle gemeinsam das Lied „Freunde, dass der Mandelzweig“, das Zuversicht und Hoffnung verspricht. Auch nach 80 Jahren bleibt die Gedenkstätte in Wetterfeld ein Ort des Erinnerns und der Mahnung, dessen Bedeutung für die Zukunft ungebrochen ist.
Maja Schoplocher